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Unabdingbarkeit des Landpachtgesetzes und ihre Grenzen: Zur Auflösung von Pachtverhältnissen aus wichtigem Grund

  • prochaska1
  • vor 3 Tagen
  • 2 Min. Lesezeit
In diesem Beitrag erklären Rechtsanwalt Levente Bräuer-Nagy und Rechtsanwaltsanwärterin Alina Prochaska, warum die Bestimmungen des Landpachtgesetzes zwingend sind und weshalb vertragliche Klauseln – insbesondere Kündigungsverzichte – ihre Grenzen haben. Wir erklären, dass trotz Unabdingbarkeit des LPG die außerordentliche Auflösung aus wichtigem Grund als eng bemessenes „Notventil“ bestehen bleibt und welche strengen Voraussetzungen die Rechtsprechung dafür fordert.

Die Pacht landwirtschaftlicher Flächen ist längst Normalfall. Umso wichtiger ist es, Pachtverträge an den zwingenden Rahmenbedingungen des Landpachtgesetzes (LPG) zu messen. § 2 LPG beantwortet die Frage, ob man auf Schutzvorschriften verzichten kann, eindeutig: nein. Die Bestimmungen sind unabdingbar – zum Nachteil des Pächters darf nicht abgewichen werden. Vertragsklauseln, die diesen Schutz unterlaufen, sind unwirksam. Daran schließt sich die zweite, praktisch besonders relevante Frage an: Was gilt, wenn die Parteien zusätzlich einen Kündigungsverzicht vereinbart haben? Sperrt ein solcher Verzicht jede vorzeitige Beendigung?


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Oft stellt sich die Frage, ob ein vereinbarter Kündigungsverzicht jede vorzeitige Beendigung ausschließt. Die Antwort lautet: nein. Ein Kündigungsverzicht schließt die außerordentliche Auflösung aus wichtigem Grund nicht aus. Dieses „Sicherheitsventil“ bleibt immer offen, wenn ein Vertrag unter außergewöhnlichen Umständen unzumutbar wird. Die Rechtsprechung erkennt die Auflösung aus wichtigem Grund auch für Landpachtverträge an – allerdings nur unter strengem Maßstab. Es braucht gewichtige Gründe, die Fortsetzung muss schlechthin unzumutbar sein, und stets ist eine Interessenabwägung vorzunehmen: Überwiegt das Auflösungsinteresse, ist die Beendigung zulässig.


Ein wichtiger Grund muss nicht zwingend in der Person des Pächters liegen. Auch unvorhersehbare äußere Entwicklungen können einen Kündigungsverzicht unzumutbar machen. Die Schwelle bleibt jedoch hoch: Vorhersehbare oder einkalkulierte Umstände rechtfertigen keine Auflösung. Je näher der Grund der Sphäre des Pächters zuzurechnen ist, desto stärker wiegt das Interesse an Vertragsstabilität. Maßgeblich ist zudem, ob ein durchschnittlich sorgfältiger Landwirt die Situation durch zumutbare Maßnahmen hätte abwenden können.


Im Ergebnis bleibt die Unabdingbarkeit des Landpachtgesetzes unangetastet: Auf seine Schutzvorschriften kann nicht verzichtet werden. Zugleich bleibt das eng bemessene Notventil der außerordentlichen Auflösung geöffnet – unter strenger Prüfung, klarer Beweislast und sorgfältiger Interessenabwägung im Einzelfall.

Autoren: Dr. Levente B. Bräuer-Nagy, Alina Prochaska LL.M.


Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift top agrar (November Ausgabe).

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